Qualitätsmanagement im Slam-Format? Zum Auftakt der zweiten Förderphase präsentierten alle Partneruniversitäten ihre Qualitätsmanagementsysteme in 7 Minuten. Sie bewiesen, dass dies auch ohne die Wörter „Qualität“, „Management“ und „Regelkreis“ möglich ist. Dr. Anke Rigbers (evalag) referierte zur Bemessung von Wirkungen von QM-Systemen und Prof. Dr. Ursula Weisenfeld (Leuphana Universität Lüneburg) lieferte in ihrem Vortrag viele Anregungen zu den Bedingungen von Change-Prozessen in Universitäten. In Arbeitsgruppen diskutierten die Teilnehmer/innen die Ziele und Inhalte des Netzwerks sowie die Form der Zusammenarbeit in den folgenden vier Jahren.

in: Prof. Dr. Hans-Dieter Daniel, Dr. Susan Harris-Hümmert, Prof. Dr. Michael Heger, Prof. Dr. Stefan Hornbostel, Dr. René Krempkow, Dr. Lukas Mitterauer, Prof. Dr. Philipp Pohlenz, Prof. Dr. Uwe Schmidt, Prof. Dr. Wolff-Dietrich Webler, Dr. Don Westerheijden (Hrsg.): Qualität in der Wissenschaft (QiW) 3+2 / 2016 S. 117 – 121

Unter der Überschrift „Netzwerke als Motor der Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre. Vom Peer Review zum Peer Learning“ fand Ende Juni in Berlin eine Tagung des Netzwerks Quality Audit statt, dem auch die Universität Potsdam angehört. 120 Teilnehmer von 55 Hochschulen und 15 hochschulpolitischen Institutionen tauschten sich darüber aus, wie Netzwerke zur Verbesserung von Studium und Lehre beitragen und den Aufbau entsprechender Strukturen, Prozesse und Anreizsysteme befördern können.

Zur Eröffnung sprach Prof. Dr. Dr. h.c. Antonio Loprieno, der ehemalige Rektor der Universität Basel und Vorsitzende des österreichischen Wissenschaftsrats. Er betrachtete die Qualitätsentwicklung im Kontext des Wandels der europäischen Universitäten von Wertegemeinschaften, die auf dem Prinzip der Kooptation beruhen, hin zu Institutionen, die sich als Teil des Wettbewerbs bzw. des „Marktes“ verstehen. Als Alternative zur „unternehmerischen“ Universität plädierte er für die „kritische“ Universität, die ihre eigene Stellung in einer vielfältigen Universitätslandschaft anstrebt, Qualitätsentwicklung als identitätsstiftend begreift und ihr Forschungs- und Lehrangebot ständig überprüft.

Prof. (HSG) Dr. Sascha Spoun, Präsident der Leuphana Universität Lüneburg, zog in seinem Vortrag eine Parallele zwischen einem guten Studium und dem organisationalen Lernprozess von Universitäten. So wie ein Studium nicht nur von der Notwendigkeit („Was muss gelernt werden?“), sondern auch von den Möglichkeiten („Was kann gelernt werden?“) her gedacht werden sollte, fordert er die Hochschulen dazu auf, sich nicht mit den Mindeststandards der Programm- und Systemakkreditierung zufrieden zu geben, sondern einen selbstgesteuerten und ambitionierten Lernprozess anzustreben. Netzwerke wie Quality Audit sollten nicht nur für die Überprüfung des Notwendigen, sondern vor allem zum Ausloten des Möglichen genutzt werden.

Prof. Dr. Joachim Härtling, Vizepräsident der Universität Osnabrück, und Prof. Dr. Markus Reihlen, Vizepräsident der Leuphana Universität Lüneburg, erläuterten die Idee des Netzwerks Quality Audit und die konkrete Form der Zusammenarbeit. In der folgenden Förderperiode sollen die vom Projekt entwickelten sogenannten Lernformate „Beratung“, „Benchlearning“ und „Audit“ in „Lernzyklen“ umgesetzt und weiterentwickelt werden.

In Workshops diskutierten die Teilnehmenden die Chancen, Bedingungen und Wirkungen der Netzwerkarbeit, die Funktionen unterschiedlicher Netzwerkansätze sowie die Rolle von Critical Friends.

VORPROGRAMM:

Qualitätsentwicklung als Lernprozess? Gespräch mit dem Akkreditierungsrat über das geplante Regelwerk und die Autonomie der Hochschulen

  • Statement Prof. Dr. Andreas Musil, Vizepräsident, Universität Potsdam: Akkreditierung in Deutschland – Was bedeutet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts? Download der Präsentation
  • Statement Prof. Dr. Reinhold Grimm, Vorsitzender des Akkreditierungsrates

TAGUNG

Die entzauberte Universität

Prof. Dr. Antonio Loprieno, Universität Basel, Vorsitzender des Österreichischen Wissenschaftsrats, ehem. Rektor der Universität Basel, ehem. Präsident der Schweizerischen Rektorenkonferenz

Download der Präsentation

Die Idee des Studiums

Prof. (HSG) Dr. Sascha Spoun, Präsident, Leuphana Universität Lüneburg

Download des Redetextes

Projekt Netzwerk „Quality Audit“: Verantwortungspartnerschaft für Qualitätsentwicklung

Prof. Dr. Markus Reihlen, Vizepräsident, Leuphana Universität Lüneburg, Prof. Dr. Joachim W. Härtling, Vizepräsident, Universität Osnabrück

Download Broschüre „Gemeinsame Weiterentwicklung von QM-Systemen in Lehre und Studium

Poster Lernformat „Beratung“

Poster Lernformat „Benchlearning“

Poster Lernformat „Audit“

Poster Lernformate und Lernzyklus

WORKSHOPS

Workshop 1: Critical Friends: Chancen, Bedingungen und Grenzen der Netzwerkarbeit

Moderation: Prof. Dr. Markus Reihlen, Vizepräsident, Leuphana Universität Lüneburg, Prof. Dr. Joachim W. Härtling, Vizepräsident, Universität Osnabrück

Abstract des Workshops

Workshop 2: Wozu Netzwerke? Wirkungen nach innen und nach außen

Moderation: Prof. Dr. Volker Linneweber, Präsident, Universität des Saarlandes, Prof. Dr. Andreas Hänlein, Vizepräsident, Universität Kassel, Prof.  Dr. em. Reinhard Zintl, Vizepräsident a.D., Universität Bamberg

Abstract des Workshops

Download Präsentation Dr. Thilo Offergeld „Wozu Netzwerke?“

Workshop 3: Form follows function: Unterschiedliche Ansätze in Netzwerken

Moderation: Prof. Dr. Andreas Musil, Vizepräsident, Universität Potsdam, Prof. Dr. Wolfgang Joecks, Prorektor, Universität Greifswald

Abstract des Workshops

Netzwerke als Motor der Qualitätsentwicklung in Studium und Lehre. Schlussimpuls

  • Prof. Dr. Reinhold Grimm, Vorsitzender des Akkreditierungsrates
  • Prof. Dr. Johanna Eleonore Weber, Rektorin, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, HRK-Vizepräsidentin
  • Barbara Michalk, Referatsleiterin „Studienreform in Deutschland und Europa“, Hochschulrektorenkonferenz
  • Prof. Dr. Antonio Loprieno, Universität Basel

Qualitätsentwicklung durch Akkreditierung oder mit Hilfe von Hochschulnetzwerken?
Transfertagung des Netzwerk Quality Audit in Potsdam

Kann in 15 Minuten sinnvoll über die Akkreditierung von Studiengängen entschieden werden? Was können Hochschulnetzwerke für die Qualitätsentwicklung leisten? Bei der Transfertagung „Netzwerke als Motor der Qualitätsentwicklung – Chancen und Herausforderungen unter neuen Rahmenbedingungen“ suchten die 150 Teilnehmer*innen nach Antworten.

Mehr Unterstützung, statt Kontrolle

Im Zuge der Restrukturierung des Akkreditierungswesens wurden Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse von Ländern, Akkreditierungsrat und Agenturen neu definiert. Die Tagung widmete sich der Frage, wie die zukünftige Praxis des Akkreditierungswesens in Deutschland aussehen wird. Im Rahmen eines Streitgesprächs prognostizierte der Vorsitzende des Akkreditierungsrates Prof. Dr. Reinhold Grimm, dass das Akkreditierungssystem an Zustimmung gewinnen werde. Die neuen Regelungen böten den Hochschulen mehr Spielräume. Die Zuständigkeiten seien jetzt klarer. Die Vertreter der Hochschulen zeigten ihre Zweifel, dass gute Entscheidungen über die Akkreditierung von Studiengängen in 15 Minuten getroffen werden können.Jasmin Usainov, verantwortlich dafür, dass die Studierendenperspektive bei Akkreditierungsentscheidungen berücksichtigt wird, befürchtete, dass sie ihren Job aufgrund der hohen Anzahl an Anträgen zukünftig nicht mehr zufriedenstellend durchführen können wird. Im Unterschied zu den anderen Mitgliedern der Akkreditierungskommission fehle es ihr an Mitarbeiter*innen, die die Anträge vorprüfen können. Auch Prof. Dr. Andreas Musil, Vizepräsident der Universität Potsdam, erwartete, dass der Akkreditierungsrat seine Aufgabe der Qualitätssicherung aufgrund knapper Ressourcen nur zurückhaltend wahrnehmen können wird. Er sprach sich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Akkreditierungsrat und Agenturen sowie zwischen Agenturen und Hochschulen aus und warnte davor, Fragen der Qualitätssicherung gerichtlich zu klären. Prof. Dr. Reinhard Zintl, Vertreter der Agenturen im Akkreditierungsrat, betonte, dass Qualität nur durch Gewaltenteilung und Differenzierung von Aufgaben vorangebracht werden kann. Er wies auf die Schwierigkeit der Akkreditierung von Qualitätsentwicklung hin und legte dem Akkreditierungsrat nahe, sich zunächst auf die Überprüfung der Mindeststandards zu konzentrieren. Von den Gutachter*innen in Akkreditierungsverfahren wünschte er sich, dass diese ihre Aufgabe weniger kontrollierend, dafür stärker fragend und unterstützend wahrnehmen.

Netzwerke zur Weiterentwicklung nutzen

Qualitätsentwicklungsansätzein Studium und Lehre. In den letzten Jahren haben sich mehrere Hochschulnetzwerke mit dem Fokus Qualitätsentwicklung gebildet. Sie erproben z.B. Verfahren der gegenseitigen Beratung, des Lernens durch Vergleichs sowie der Auditierung. In seinem Einführungsvortrag „Qualitätsentwicklung als Lernprozess“ wies Prof. Dr. Markus Reihlen, Professor für strategisches Management und Vizepräsident an der Leuphana Universität Lüneburg, darauf hin, dass mit der Qualitätssicherung konkurrierende Ziele verfolgt werden. So sei es in einer Situation, in der die Erfüllung von Mindeststandards überprüft wird und sich eine Organisation legitimieren muss, schwierig eine konstruktive Fehlerkultur zu entwickeln. Dies wiederum sei aber die Voraussetzung für Lernen. Mit Hochschulnetzwerken, wie dem Netzwerk Quality Audit, verbindet er die Chance, soziales Lernen zu befördern und „funktionaler Dummheit“, einem Verhalten, welches in Organisationen zunächst nützlich erscheint, langfristig aber große Entwicklungsprobleme mit sich bringt, entgegenzuwirken.

Mit Studierenden auf Augenhöhe

Arbeitsgruppen lieferten verschiedene Hochschulen wie auch Studierende Einblicke in ihre Netzwerkpraxis. Die anwesenden Studierenden von verschiedenen Universitäten betonten, dass Qualitätsentwicklung gemeinsam mit Studierenden nur funktioniert, wenn man Foren hat, in denen man auf Augenhöhe und offen miteinander kommunizieren kann. Die Arbeitsgruppen der Tagung boten für die Anwesenden eine gute Gelegenheit dies zu praktizieren.

Alternative Akkreditierungsverfahren in Hochschulkooperationen

Ende 2015 hat der Akkreditierungsrat Hochschulen im Rahmen einer Experimentierklausel dazu eingeladen, innovative Formen der externen Begutachtung zu entwickeln und in der Praxis zu erproben. Vier Verfahren wurden im März 2016 ausgewählt. In der Arbeitsgruppe „Alternative Akkreditierungsverfahren in Hochschulkooperationen“ stellten die vom Akkreditierungsrat bewilligten Projekte „European Quality Audit“ und „Kollegiales Audit“ ihre Ansätze vor. In der anschließenden Diskussion wurden verschiedene Fragen diskutiert. Dabei wurde festgestellt, dass es auch in alternativen Verfahren wichtig ist, dass die Akkreditierungskriterien eingehalten werden. Es wurde für eine Trennung von prüfenden und entwickelnden Perspektiven plädiert, um Inkompatibilität zu vermeiden. Es wäre wünschenswert, wenn die Systemakkreditierung sich, so wie die alternativen Verfahren, hin zu einer ganzheitlichen Perspektive entwickeln würde. In der Arbeitsgruppe wurden auch internationale Erfahrungen thematisiert. Diese können einen erheblichen Mehrwert für die Qualitätssicherung und –entwicklung bieten.

Offenheit von Hochschulnetzwerken

Die dritte Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Frage nach dem optimalen Mix von Homogenität und Heterogenität von Hochschulnetzwerken. Die Praxisbeispiele von ComO-QM und dem Verbund Norddeutscher Universitäten dienten hierzu als Grundlage. Hierbei wurde deutlich, dass eine optimale Größe immer von der Zielsetzung abhängt. Wenn diese großes Vertrauen erfordert, ist ein kleines Netzwerk sinnvoll. Der reine Austausch kann auch in großen Netzwerken erfolgen. Die Offenheit hat auch einen Einfluss auf die Verwertbarkeit von Ergebnissen. Wenn die Mitglieder eines Netzwerks zu heterogen sind, kann das dazu führen, dass die Ergebnisse nicht überall adaptiert werden können.

Das vollständige Programm der Transfertagung finden Sie hier.